Die Elbvororte im Wandel

 

Ritter, Gräber und vier Tonnen Bier

Auszug aus:

Die Fama berichtet: „Auf einem Hof in Ottensen war ein Ritter mit Namen Otto von Bahren ansässig. Weil er hier hauste (hauste, wohnte), wurde der Ort Ottenhusen genannt. In späterer Zeit hat man die Silbe „hu“ nicht mitgesprochen, sodass der abgekürzte Name Ottensen entstanden ist. Im Gebiet des heutigen Bahrenfeld hat der Ritter große Felder gehabt. Das Feld Bahrens ließ den Namen Bahrenfeld entstehen. Im niedriger gelegenen Othmarscher Gebiet hatte Otto seine Weiden, seine Marsch, Ottsmarsch, Ottmarschen, das man jetzt Othmarschen schreibt.“

So ließen sich praktischerweise die Namen von drei späteren Hamburger Stadtteilen einfach erklären. Da jedoch auch bei der Interpretation von Ortsnamen unterschiedliche Ansätze zwangsläufig zu verschiedenen Theorien führen, gibt es im Falle Othmarschen vor allem zwei hauptsächlich vertretene Bedeutungen. Die Verfechter der einen Theorie meinen, der hiesige feuchte Marschboden – Othmarschen war für seine vielen Teiche berühmt – wäre für die Namensbildung verantwortlich. Andere sehen in einem fränkischen Einwanderer namens Otmar, der sich während des 9. oder 10. Jahrhunderts hier niederließ, den lokalen „Adam“, nach dem sich das spätere Dorf benannte.

Ähnlich den Flottbeker Siedlungen bestand das 1317 erstmals urkundlich erwähnte Othmarschen aus einigen wenigen Bauernstellen. Allerdings gehörte man – markiert durch den bereits erwähnten Grenzstein „Thom Creutze“ – zu einem anderen Kirchspiel als die westlichen Nachbarn, die in Nienstedten ihre Pfarrkirche hatten. Othmarschen zählte zusammen mit Ottensen zur Hamburger St.-Petri-Gemeinde, jedenfalls bis, wie der Hamburger Chronist Bernd Gyseke beschreibt, ein skandalöser Plan die Gemüter der Dörfler erregte: „Anno 1537 den 8. August ward ausgesteckt vor dem Milrendor (Millerntor) (...) ein Kirchhof, darauf die Armen, die es nicht vermochten, die Begräbnisse auf dem Kirchhof zu bezahlen, sollten dort ihre todten Körper hinbringen; dazu die von Ottensen, Otmarsen, Barenfelde, die hier (in Hamburg) ihre todten Körper pflegen einzubringen, sollten da auch ihre Todten dort begraben“.

Sich nach dem Ableben zwischen Almosenempfängern und Landstreichern auf einem Armenfriedhof begraben zu lassen, kam für die ehrbaren Bauern nicht in Frage. 1547 / 48 baute man in Ottensen die erste eigene Kirche mit angeschlossenem Friedhof. Othmarschen zählte nun zum neuen Kirchspiel Ottensen.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts bestand das Dorf im wesentlichen aus sieben großen Höfen. Auch derjenige von Röper zählte dazu, bereits 1701 befand er sich im Familienbesitz. Die Kriegsschäden aus dem Jahrhundert zuvor waren langsam überwunden, die Knechte feierten wieder ihren traditionellen „Fastnachtsabend“ – und zwar mit größter Ausgelassenheit, wie einem Amtsprotokoll von 1706 zu entnehmen ist: „In Othmarschen sind bei Ties Ramcken dem jüngeren von den Othmarscher Knechten vier Tonnen Bier unter Jauchzen, Geschrei und Musik verzehrt – und hat sich ein jeder Knecht von seinem Wirt einen halben Schweinskopf und Mettwurst und ein Brot gefordert und zu dieser Fastnachtsfeier mit hingebracht.“ Zwar warnte der Dorfvogt Wirt und Knechte vor allzu großen Exzessen, erhielt jedoch die zwingend logische Antwort, da das Bier nun einmal gekauft sei, müsse es auch „ausgesoffen“ werden. Und so geschah es.

 

Quelle: Die Elbvororte im Wandel II, Katharina Marut-Schröter und Jan Schröter, MVS-Verlag