Der Röperhof heute - ein Erfahrungsbericht

 

Es klingt ein wenig wie im Märchen, aber es ist wahr: Schon als Kind war mir der verlassene und so traurig wirkende Röperhof aufgefallen. Mit den vernagelten Fenstern im Wirtschaftsgiebel, den verwitterten Fassaden und dem schadhaften Reetdach machte dieses Haus einen großen Eindruck auf mich. Ich wollte ihm irgendwie helfen und redete mir ein: Wenn ich mal ein Haus besitzen sollte, dann möge es dieses hier sein, um es retten zu können!

Der fast verlassene Röperhof vor dem Elbtunnelbau

 

Auf dem Weg vom elterlichen Pfarrhaus am Bahrenfelder Steindamm zum Jenischpark lag der Röperhof genau an meiner Fahrradstrecke. Ich muss so zwischen 8 und 12 Jahre alt gewesen sein, der Elbtunnel war gerade im Bau und der Jenischpark war für meine Freunde und mich ein sehr beliebtes Ausflugsziel.

Gen Ende meiner Schulzeit versuchte ich, etwas für ein sehr stattliches Haus an der Elbchaussee zu unternehmen. Der Abriss drohte und meine Freunde und ich hatten das von ein paar Stadtstreichern bewohnte Haus genau erkundet und Pläne geschmiedet. Viele schöne Holzbauteile, wie Treppengeländer und Deckenverschalungen, hatten die Stadtstreicher in den voraus gegangenen Wintern bereits verheizt, aber dadurch war in einem Saal eine sehr schön ausgemalte Decke zum Vorschein gekommen. So hatte ich die ersten Kontakte mit den Behörden geknüpft und war am Denkmalschutzamt auf Herrn Prof. Dr. Herrmann Hipp gestoßen (damals Leiter der Inventarisation), von dem ich mich verstanden und unterstützt fühlte. Ich konnte herausfinden, dass dieses Haus an der Elbchaussee einen sehr alten Kern hatte: Ein Fachwerkhaus, im frühen 18. Jahrhundert von einer holländischen Familie erbaut.

Leider war das Haus äußerlich keine Schönheit. Mit gelben Klinkersteinen später im wilhelminischen Stil eingepackt, wirkte es an der Südseite der Elbchaussee nicht gerade repräsentativ. Dabei war es riesig, es ging über Terrassen den Elbhang hinunter, hatte ein eigenes Theater in einem der Anbauten und strahlte innen ein hoch herrschaftliches kulturelles Leben aus. Aber es gab bereits Neubaupläne eines Architekten auf dem sicherlich sehr hochwertigen Grundstück und wir Schüler waren noch nicht in der Lage, eine Öffentlichkeit für die kulturellen Schätze zu mobilisieren.

Nach dem Zivildienst, den ich in der Jugendarbeit der Hauptkirche St. Katharinen ableistete, bewarb ich mich für ein Theologie- und Kunstpädagogik-Studium. Aber schon während des Zivildienstes 1979 habe ich mit den Jugendlichen aus meiner Gruppe häufig über den Röperhof gesprochen und die beginnenden Aktivitäten beobachtet: Neuerdings nutzten Gewerbebetriebe die Stallungen des Röperhofs zu Lagerzwecken. Mit meinen Freunden suchte ich zu der Zeit abgelegene Gewerbeflächen, um Übungsräume für Bands zur Verfügung zu stellen, wir suchten alte Bunker und Flächen im Hafen. Aber niemand wollte uns „Halbstarken“ große Flächen vermieten.

Mit Freunden aus der Schulzeit gründete ich einen Hifi-Laden in St. Pauli. Um meiner Lautsprecherfirma etwas mehr Platz zu verschaffen, suchte ich Gewerberäume. Bis dahin hatte ich die Boxen im Keller des Elternhauses getischlert und montiert. Nun hatte ich endlich einen guten Grund, bei der Familie Röper vorzusprechen und meine Sanierungsideen vorzutragen. Tatsächlich hatte die Stadt den Gewerbetreibenden, die in Röpers Stallungen Meeresfrüchte in Konserven und palettenweise Papierservietten lagerten, den Betrieb untersagt: Bei einer zu großen Lieferung von Papierservietten waren viele Paletten außerhalb des Gebäudes auf dem Kopfsteinpflaster gelagert worden. Dann fuhr der Wind hinein und wirbelte die Papiere über die Autobahn. Das war meine Chance! Eine kleine Werkstatt im ehemaligen Schweinestall, auf die ich es abgesehen hatte, war Tage zuvor an unseren späteren Mitstreiter Thomas Langhein vermietet worden. Ich bemühte mich also um den ganzen Rest der Stallungen und suchte unter meinen Freunden nach Mietinteressenten. Neben meiner Lautsprecherwerkstatt gab es so im Jahr 1982 eine Autowerkstatt im ehemaligen Kuhstall und einen Weinhandel in der Deele des Röperhofs. In den Wohnräumen lebte zu jener Zeit noch ein Jura-Student.

 

„Steineklopfen“ – die Ziegel werden vom Kalkmörtel befreit und später wieder verwendet

 

Die Verhandlungen mit der Familie Röper über einen von mir angestrebten Pachtvertrag, der das gesamte Gebäude einschloss, zogen sich hin. Mir wurde klar, dass ein überzeugendes Sanierungskonzept nicht nur emotionales Engagement sondern auch Fachkenntnisse verlangte, also bewarb ich mich für ein Architekturstudium an der Hochschule für Bildende Künste (HFBK) in Hamburg. 

Wir hatten den Gewerbeteil des Röperhofs mittlerweile in Beschlag genommen und die ersten wirklich dringenden Arbeiten geleistet: Die Dächer wurden abgedichtet und stellenweise Balken ausgetauscht. Beunruhigend war der Zustand des Südgiebels am Wohnteil: Der gesamte Giebel drohte herauszufallen, da die Erdgeschosswand sich gesetzt und leicht gedreht hatte.

Im Sommer 1982 hatte ich mich für das Architektur-Studium beworben, wurde zum Wintersemester angenommen und im Sommersemester des nächsten Jahres haben wir bereits den Südgiebel saniert. Ich glaube, neun Studenten (vor allem Studentinnen) aus meinem Semester haben mir geholfen. Um nicht in irgendeiner Baufirma das für das Studium verlangte Baupraktikum abzuleisten, haben wir in den Semesterferien die Ärmel hochgekrempelt. Unter der Leitung von Architekten des „Planerkollektivs“ und mit der Finanzierung der Kulturbehörde wurde der Giebel über zwei Geschosse abgetragen, Teile des Fachwerks ersetzt, neu fundamentiert und wieder aufgebaut. Dann haben wir uns gegenseitig die benötigten Praktikums-Bescheinigungen ausgestellt.

 

 Das abenteuerliche Gerüst hatten Zimmerleute gebaut, der Giebel bekommt ein Fundament

 

Rückblickend betrachtet ist es schon erstaunlich, dass die Familie Röper unser Anliegen überhaupt anhörte und sich ernsthaft damit beschäftigte. Hans Röper schilderte kürzlich bei einer Familienfeier, welchen äußeren Eindruck ich bei meinen ersten Besuchen in Nienjahn hinterlassen hatte: Ich kam per Motorrad, in Lederkluft, mit dem damals üblichen Palästinenser-Tuch um den Hals und ziemlich langhaarig. Einmal hat wohl auch der Zustand meiner Handwerker-Jeans einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Aber Hans und Johann Röper hatten ihrer Schwester die Aufgabe überlassen, sich um das Elternhaus in Othmarschen zu kümmern und so traf wohl Johanna Röper letztendlich die Entscheidung, es mit mir zu versuchen. Mit dem Abschluss des Pachtvertrages wurde es dann zeitlich etwas knapp. Wir wollten im Sommer 1983 den Südgiebel in Angriff nehmen, die Studenten waren angeheuert, aber die Architekten und die Kulturbehörde benötigten dringend meine Legitimation. Am Ende hatten die Rechtsanwälte das Wort, um den selbst entworfenen Vertrag in eine juristisch vertretbare Form zu bringen. Dann klappte es gerade noch rechtzeitig vor Baubeginn. Dieser Vertrag hat noch heute Bestand. Die Geschwister Röper standen uns immer mit Rat und Tat zur Seite, auch für Rückschläge und Probleme bei der Arbeit hatten sie immer wohlwollendes Verständnis. Die Besuche von meiner Frau und mir in Nienjahn sind uns unvergessen. Stets gab es eine Fülle an interessanten und zumeist sehr lustigen Geschichten, die den besonderen Blick und wunderbaren Humor dieser drei weltoffenen Menschen zeigten. Es ist ein Glücksfall für uns und unsere Aufgabe, dass hinter dem Röperhof diese einzigartige Familie steht. Daher möchten wir an dieser Stelle unsere Hochachtung und unseren Dank an die Geschwister Röper ausdrücken, von denen heute leider nur noch Hans Röper am Leben ist.

 

 Für das ersetzte Fachwerk wurde altes Eichenholz besorgt, aufgetrennt und verarbeitet

 

Das Studium an der HFBK haben meine damalige Freundin Carola Hein und ich projektbezogen betrieben. Für alle planerischen und praktischen Aufgaben am Röperhof haben wir uns Professoren zur Betreuung gesucht, dann wurden die Arbeiten dokumentiert und an der Uni „abgesetzt“, damit wir die begehrten „Scheine“ erhielten. Wir haben nur relativ wenige notwendige Vorlesungen gehört und sehr viel praktisch abgeleistet. Es war ein großer Vorteil, nicht an hypothetischen Aufgaben zu sitzen, sondern jede Planung auch selbst umsetzen zu müssen. Wir haben hier unendlich viel vom Röperhof und dem Projektstudium profitiert. Unsere „Lieblingsprofessoren“ waren Dr. Goerd Peschken (Baugeschichte) und Hartmut Frank (Architekturtheorie). Als Carola mit einem Stipendium des DAAD nach Brüssel ging, habe ich parallel zum Architekturstudium Kunstgeschichtsvorlesungen bei Prof. Dr. Herrmann Hipp und Prof. Dr. Manfred Fischer gehört. Durch diese Vorlesungen habe ich Kontakt zu anderen Studenten erhalten, mit denen ich später weitere Häuser zu retten versuchte.

Vor den Bauarbeiten am Südgiebel 1983 war abzusehen, dass uns Handstrichsteine im „holländischen Format“, wie sie am Röperhof verwendet wurden, fehlen würden. Man hätte die benötigten Steine auch als Neuware kaufen können, aber wir mussten damals mit Kosten von 3 DM pro Stück rechnen und suchten deshalb schon im Vorwege nach einem alten Abrisshaus. In Moorburg wurden wir fündig. Hier stand eine kleine Fachwerk-Scheune, deren Reetdach partiell gebrannt hatte. Wir hatten Kontakt mit dem Bauern, der die Scheune mit seinem Traktor „umfahren“ wollte. Mit etwas Überredungskraft gelang es uns, ihn von seinem Vorhaben abzuhalten und für den nächsten Tag eine Arbeitskolonne zu organisieren, die einen geordneten Rückbau der gesamten Scheune vornehmen sollte. Früh am Morgen begannen wir damit, die Gefache heraus zu nehmen, die Steine abzuklopfen und in einen geliehenen Transporter zu verladen. Dann machte plötzlich ein Fahrzeug auf der Dorfstraße eine Vollbremsung. Das Auto wurde gewendet und brauste wieder davon. Wenig später wurde unsere Aktion von der Behörde gestoppt. Wir hatten in unserer Naivität tatsächlich dazu beigetragen, ein erstes Haus in Moorburg gegen den Willen der grünen Partei und vieler Moorburger abzutragen. 

 

Die kleine Fachwerk-Scheune in Moorburg – vor unserem Einsatz...

 

Dann stand diese Scheune, auf ihr hölzernes Fachwerk und die Dachbalken reduziert, ein halbes Jahr Wind und Wetter ausgesetzt herum, bis wir das Gebälk von der Stadt geschenkt bekamen und gänzlich abtragen konnten. Zwischenzeitlich hatten Carola und ich im Auftrag des Denkmalschutzamtes unser erstes Handaufmaß von der Scheune gefertigt und ein Honorar erhalten. Leider hatte das Fachwerk in der Zwischenzeit sehr gelitten. Dennoch entschieden wir uns, alles noch Verwertbare am Röperhof einzulagern. Und da liegt es noch heute. Vielleicht ergibt sich eines Tages die Gelegenheit, diese Scheune wieder zu errichten. Wir hatten an dieser Scheune einige für den Hamburger Raum völlig unübliche Verbindungsformen entdeckt und konnten herausfinden, dass diese Scheune schon einmal umgezogen war: Sie stammte aus einem Dorf Lauenbruch, welches für Hafenerweiterungen schon vor 1900 aufgelöst wurde.

Ein Teil dieser Scheune wurde vorübergehend zu Ausstellungszwecken in unserem Uni-Gebäude am Lerchenfeld aufgebaut: Unsere Freunde Kurt Klinkhammer und Thomas Reents engagierten sich als studentische Arbeitsgruppe für Lehmbau. Überhaupt mussten wir Architektur-Studenten an manchen Stellen die Lehrtätigkeit der Professoren bereichern, wenn es um unsere Interessen ging: Das ökologische Bauen wurde vom Lehrkörper überhaupt noch nicht beachtet. Wir luden selbst Fachleute ein und organisierten Vorlesungsreihen.

Nicht vergessen werden darf die Gründung des Vereins zur Erhaltung des Röperhofs im Jahre 1983. Mitglieder waren zunächst die Mieter im Röperhof, später engagierte Nachbarn und Freunde. Viele ehrenamtliche Helfer unterstützten unsere Arbeit durch tatkräftige Mitarbeit bei der Renovierung im Zwischengeschoss, bei Aufräumarbeiten auf dem Grundstück und bei der Entrümpelung des Dachbodens und des Silos. Über den Verein konnten wir finanzielle Mittel aus der Kulturbehörde beantragen. Einmal gab es sogar Sondermittel aus dem Bezirksamt und wir erhielten eine größere Spende der Agnes-Gräfe-Stiftung zur Teilerneuerung des Reetdachs, vermittelt von Herrn Henning Jess, Protokollchef des Senats a.D. und Nachbar in der Emkendorfstraße.

 

Die Nachbarin Elke de Cuveland beim Aufräumen im Gelände 1987

 

Dabei war der Kontakt zum Denkmalschutzamt generell und zu Herrn Moreno-Fernandez im Besonderen von herausragender Bedeutung: Für die größeren Baumaßnahmen am Dach und an den Fassaden konnten wir Gelder der Kulturbehörde beantragen. Wir ließen uns von üblichen Handwerksbetrieben Kostenvoranschläge für die Maßnahmen erstellen und erhielten daraufhin Zusagen des Denkmalschutzamtes über etwa 20 % der Gesamtkosten. Dann mussten wir die Arbeiten vorfinanzieren und versuchten natürlich, alles komplett in Eigenleistung fachgerecht auszuführen. Am Ende nahm Herr Moreno die Arbeiten ab und gab die Gelder der Behörde frei. Da wir keinerlei Eigenmittel hatten, mussten wir mit diesen 20% der veranschlagten Kosten für die gesamte Baumaßnahme auskommen. Über diese unbürokratische  Abwicklungsmethode  mit dem Denkmalschutzamt und die Möglichkeit mit den Studentenpraktika konnten wir den Großteil der Fassadensanierungen am Röperhof finanzieren und abwickeln.

 

 Wasserseite der Fleetinsel an der Admiralitätsstraße; der mittlere Speicher entstand in der Barockzeit

 

Neben der Arbeit am Röperhof haben wir uns für andere bedrohte Gebäude in Hamburg eingesetzt. Oft waren es Zufälle, die uns auf die Spur eines alten Hausschatzes geführt hatten. So zum Beispiel bei der Fleetinsel: Mein Freund und Antiquitäten-Händler Peter Peetz berichtete mir, dass er zufällig einen Speicher auf der Fleetinsel betreten konnte und dort einen Fußboden aus sehr breiten und nicht parallel besäumten Dielen gesehen hat. Wir wussten, dass so ein Boden spätestens aus der Barockzeit stammen müsste. Am Ende dieser Geschichte hatte ich eine in Behördenkreisen offenbar viel beachtete Arbeit über die vom Abriss bedrohten Gebäude der Fleetinsel geschrieben und konnte nachweisen, dass eines der Gebäude aus der Barockzeit stammte. Herr Prof. Dr. Herrmann Hipp bestätigte später meine Ergebnisse: Er fand das bestehende Gebäude in alten Unterlagen wieder. Alles in Allem lässt sich feststellen, dass die Fleetinsel nicht, wie ursprünglich geplant, komplett abgerissen, sondern im Hausbestand größtenteils erhalten wurde. Inwieweit die Entdeckung des barocken Speichers zur Erhaltung des Ensembles beigetragen hat, kann ich nicht sagen. 

 

 Der Paradieshof am alten Steinweg, etwa gleiches Baujahr wie der Röperhof

 

Einmal haben wir sogar zu einem besonderen Mittel greifen müssen: Reinhard Jung, ein Kommilitone aus dem kunstgeschichtlichen Seminar, und ich haben lange versucht, den barocken Paradieshof von 1762 am Alten Steinweg vor dem drohenden Abriss zu bewahren. Um einem Investor, der nach langem Hin und Her nur die alte Straßenfassade erhalten wollte, gänzlich den Appetit auf das Gebäude zu verderben, ersannen wir eine „Unterschutz-Besetzung“. Einen Tag lang wurde das leere Gebäude durch 23 Kommilitonen und uns pressewirksam in Besitz genommen. Prof. Dr. Herrmann Hipp und Herr Westerich von der Patriotischen Gesellschaft unterstützen uns dabei moralisch und mit einer kurzen persönlichen Anwesenheit im besetzten Gebäude. Tatsächlich wurde das Haus gerettet, die ehemals vorhandenen geschwungenen barocken Doppelgiebel wieder errichtet und ein neuer Investor versuchte, so viel wie möglich an alter Substanz zu erhalten und günstigen Wohnraum wieder herzustellen. 

In den letzten Jahren des Studiums haben Carola und ich am Arbeitskreis Hamburger Bauhistoriker teilgenommen, wir besuchten zeitweise den Arbeitskreis Denkmalpflege der Patriotischen Gesellschaft und verfolgten die diskutierten Thesen über eine moderne Denkmalpflege. Es ist eine große Anerkennung unserer Arbeit und eine Freude für uns, dass wir 1990 den ersten jemals verliehenen Preis für herausragende Denkmalpflege der Patriotischen Gesellschaft erhalten haben, obwohl wir selbst damals den Hof noch lange nicht als fertig saniert betrachteten.

 

Südgiebel des Röperhofs nach der Sanierung, Foto zur Preisverleihung der Patriotischen Gesellschaft

 

Am Röperhof wollten wir beispielhaft zeigen, dass es möglich ist, ein Denkmal sinnvoll zu nutzen und kostendeckend zu betreiben, ohne es zu entkernen und alle Entwicklungen, die das Haus über die Jahrzehnte hinweg erfahren hat, rückgängig zu machen oder es lediglich museal zu konservieren. Außerdem wollten wir mit unserem Ansatz die Diskussion um die Denkmalpflege bereichern, das Gebäude der Öffentlichkeit zugänglich machen und um Verständnis für den Erhalt des letzten Restes eines reichen kulturellen Erbes in der Nachbarschaft werben. Uns war bewusst, dass dafür eine besonders sensible Planungsleistung notwendig war und Kompromisse bei der Nutzung, nicht aber bei der Erhaltung der alten Substanz gemacht werden mussten. In der Planungszeit von 1983 bis Mitte 1993 entstanden zwei Arbeiten über den Röperhof an der HFBK. Eine Arbeit wurde durch den zweiten Platz beim BDB-Wettbewerb ausgezeichnet.

Als am Röperhof 1984 die dringendsten Aufgaben bei der Fassadensanierung  erledigt waren und auch die Neueindeckung des riesigen Reetdachs finanziell gesichert und teilweise bereits geschehen war, mussten wir mit den Ideen zur späteren Nutzung des Gebäudes konkret werden. Wie gesagt, es war unser Anspruch von Anfang an, den Röperhof in seiner bäuerlichen Struktur komplett zu erhalten und eine den vorgefundenen Räumlichkeiten entsprechende Nutzung zu finden. Dafür bot es sich an, in den gemütlichen Stuben des Kammerfachs ein Café einzurichten und das Haus so einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. 1984 hatten wir über einen Vorbescheidsantrag die baurechtlichen Auflagen dafür genannt bekommen. Erst 1987 ergab sich dann die Möglichkeit, den aufwändigen Ausbau zu finanzieren: Zusammen mit einer bereits im Haus vorhandenen Mietpartei stellten wir bei der Hauptfürsorgestelle der damaligen BAGS den Antrag für die Errichtung eines Café-Betriebs für behinderte und nichtbehinderte Menschen. Die Errichtung der vier geplanten Behinderten-Arbeitsplätze wurde mit 50 000 DM je Arbeitsplatz gefördert. 

 

Reetdacharbeiten durch die Firma Puttfarcken 1984

 

Im Mai 1988 wurde das Röpers-Hof-Café eröffnet. Für den Ausbau war es notwendig gewesen, eine Feuerschutzdecke zwischen den Stallungen im Hauptgebäude (im Anschluss an die Deele) und dem Dachboden einzuziehen, auf deren Konstruktion ich noch immer stolz bin, weil sie dem Denkmal keinerlei Kompromisse abverlangte. In den übrigen Räumlichkeiten fanden verschiedene Künstler und Kunsthandwerker stilvolle Ateliers, darunter eine Puppenbauerin, eine Seidenmalerin, eine Restauratorin und ein Kameramann, und es gab Büroräume für Vereine zur Baumheilung und Gartenplanung sowie zur Integration Behinderter und eine Werkstatt für Therapiearbeit.

 

Ein Eindruck aus dem ehemaligen Röpers-Hof-Café

 

Ende 1989 zog eine Kunstschule in speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene und ausgebaute Loft-Räume im Dachgeschoss des Anbaus ein. Bei der ehrenamtlichen Mitarbeit in der Kunstschule lernte ich meine Frau Friederike kennen. Nur mit ihr zusammen war es möglich, die neunziger Jahre am Röperhof zu überstehen. Wir hatten nicht immer Glück mit den Mietern und mussten mit Konkursen mehrerer Mietparteien kämpfen, die uns große Mietschulden und längere Leerstände in den sehr speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Räumen hinterließen. Meine liebe Frau behielt immer einen kühlen Kopf, konnte Konflikte entwirren und im richtigen Augenblick zu einer Entscheidung raten und diese dann auch mit mir gemeinsam durchstehen.

 

Hier werden Elemente für die Feuerschutzdecke hergestellt

 

1992 wurde der Verein zur Erhaltung des Röperhofs aufgelöst, da der Vereinszweck, der Erhalt des Hofes, gesichert war und wir für weitere Arbeiten an den Fassaden kaum noch öffentliche Gelder erwarten durften. Durch die beiden großen Mietparteien war die Bewirtschaftung des Hauses zumindest theoretisch gesichert. Die Mietparteien erwarteten von uns als Vermieter eine kontinuierliche Instandhaltung, die Mieter selbst waren nicht länger Mitstreiter in Sachen Denkmalschutz und Konzeptplanung. 

 

 Errichtung des oberen Atelierraums im Anbau

 

Dann aber wurden die Planungen zum Bau der4. Elbtunnelröhre immer konkreter und bedrohlicher. Wir hatten Schwierigkeiten, vom Tunnelbauamt umfassend informiert zu werden und entstehende Gerüchte ließen Schlimmes befürchten: Mietparteien kündigten ihren Auszug an und wir machten uns große Sorgen um den Erhalt des Hauses und unsere finanziellen Verpflichtungen, die wir zum Ausbau der Kunstschule eingegangen waren. Tatsächlich wechselten im Röperhof während der sieben Jahre dauernden Bauphase alle Mietparteien wenigstens einmal.

Nach einer denkwürdigen Anhörung der Baubehörde zum Bau einer 4. Elbtunnelröhre gründeten wir zusammen mit Nachbarn und dem bereits existierenden Verein „Aktion für Bahrenfeld“ spontan die Bürgerinitiative „Ohne Dach ist Krach“, die bis heute existiert und eine komplette Überdeckelung der Autobahn in Othmarschen und Bahrenfeld zum Ziel hat. Bis 1995 tagte die Bürgerinitiative einmal wöchentlich in der Deele, bevor sie im Gemeindehaus der Christuskirche mit großer Gastfreundschaft aufgenommen wurde. 

 

 Die Kunstschule mit Galerie und Ateliers

 

Trotz dieser bedrohlichen Situation hatten wir den Mut, 1995 die einzige noch unausgebaute Fläche am Röperhof, den großen Heuboden unter dem Reetdach, in Angriff zu nehmen. Hier ging es uns im Wesentlichen um die Installation eines angemessenen Brandschutzes, der für ein reetgedecktes Haus natürlich besondere Aufmerksamkeit erfordert. Da wir nur wenige Helfer bezahlen konnten,  hat dieser Ausbau noch einmal eine an Selbstausbeutung grenzende Eigenleistung erfordert. Fast alle Arbeiten wurden von uns selbst ausgeführt oder angeleitet, sogar die großen Atelierfenster im nördlichen Reetdach wurden selbst entworfen, geschweißt und verglast. Nur für die Lehmarbeiten mussten wir eine Firma beauftragen. Hier haben wir die in einem gesonderten Artikel beschriebene Feuerschutztechnik für das Reetdach angewendet und damit Pionierarbeit geleistet. 

 

 Nicht nur die Dachfläche, auch die Wandheizung wird „eingelehmt“

 

1997 eröffnete dann das „Restaurant Röperhof“ unter der Leitung von Christoph Vieider und Michael Heveker mit der von uns hoch geschätzten Küche und Restauration. Mit diesen beiden professionellen Betreibern und ihrer sehr kooperativen Umgangsweise mit der alten Bausubstanz hat der Röperhof noch einmal einen großen Schritt nach vorn in die Öffentlichkeit getan. Viele tausend Menschen konnten in den vergangenen zwölf Jahren den Röperhof erleben, für ihre Feste und geselligen Abende nutzen, die exzellente Küche, den perfekten Service und die Stimmung der Räume genießen. Damit ging ein großer Wunsch unseres Denkmalschutz-Gedankens, die Öffnung des Hauses für ein breites Publikum bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Nutzung, in Erfüllung. 

 

Unter dem großen Reetdach entstanden 300 qm Loft-Büroraum für eine Werbeagentur

 

In den ersten Jahren haben wir am Röperhof auch Fehler gemacht oder uns häufig nicht getraut, unserer eigenen Kenntnis oder manchmal auch nur unserer Intuition zu folgen. Einige Male folgten wir bei Materialwahl und Methoden den Hinweisen von so genannten Fachleuten, deren Kompetenz ich aus heutiger Sicht anzweifeln würde. Heute haben wir die notwendige Erfahrung und Sicherheit bei der Planung und verfügen über wertvolle Kontakte zu vertrauenswürdigen Fachleuten.

 

Die Gartenterrasse des Röperhof Restaurants

 

Dennoch hätte der Röperhof nicht als das einmalige Denkmal, das er in Hamburg darstellt, erhalten werden können, wären da nicht die vielen Helfer und guten Geister gewesen. Als erstes möchte ich meiner lieben Frau danken für ihre tatkräftige Unterstützung in allen Lebenslagen. Über die Geschwister Röper habe ich ja schon gesprochen, dennoch an dieser Stelle nochmals meinen aufrichtigen Dank für die fruchtbare Zusammen-arbeit. Hanne Röper bleibt uns unvergessen! Der Röperhof Stiftung, die heute Eigentümerin des Röperhofs ist, danke ich für die vielen aufrichtigen Gespräche und hoffe auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit beim gemeinsamen Ziel, den Röperhof noch für viele Generationen zu erhalten. 

 

Der Dachstuhl des Silos ist gerichtet. Von links nach rechts: Christoph, Julius, Stefan, Marie

 

Mein ganz besonderer Dank geht an die vielen ehrenamtlichen oder mehr schlecht als recht bezahlten Helfer, die die Erhaltung des Röperhofes erst möglich gemacht haben. Ohne die Hilfe und das Mitdenken dieser Freunde und Nachbarn hätten wir sicherlich schon vor vielen Jahren das Handtuch werfen müssen. Ich bedanke mich im Besonderen beim ehemaligen Vorstand des Vereins zur Erhaltung des Röperhofs und bei Frau Baatz aus der Bauprüfabteilung, die unsere manchmal recht ungewöhnlichen Anliegen mit viel Sympathie und Geduld begleitet hat. 

Und natürlich geht ein großer Dank an unsere Familie, die unsere häufigen Arbeitsüberlastungen gelassen ertragen hat. In den letzten Jahren sind unsere Kinder zu unseren treuen Handwerkern geworden, sogar Enkel Frederik hilft schon mal mit.

Ein überirdischer Dank geht an den lieben Gott, der uns diesen Weg gehen ließ und unsere Mitstreiter vor jeglichem Unheil bewahrte. Bis auf einen Treppensturz mit unangenehmen Folgen kam auf unseren Baustellen niemand ernsthaft zu Schaden oder wurde verletzt. Mögen der Röperhof und alle Menschen in seinem Umfeld weiterhin stets beschützt und behütet sein!

 

Christoph Mühlhans 2009

(Der Text ist der Festschrift "250 Jahre Röperhof" entnommen)